Zucker im Stallstaub

Neues aus der Allergieforschung in Deutschland


Hamburg, 20. April 2012. – Ob ein Kleinkind ein erhöhtes Risiko für ein Asthma bronchiale hat, verrät der Atem. Das tägliche Essen winziger Mengen von Erdnüssen ist für Erdnuss-Allergiker vielleicht ein Weg, das Immunsystem toleranter zu machen. Ein Zuckermolekül aus dem Stallstaub schützt Kinder vor Allergien und Asthma – und ist vielleicht bald als Nasenspray verfügbar. An Therapien für Kinder mit Allergien arbeiten in Deutschland Allergieforscher mit vielen unterschiedlichen Ideen. Ein Überblick der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA) über aktuelle Forschungsprojekte.

Asthma bei Kleinkindern? Ausatemluft gibt Hinweise

Saure Ausatemluft verrät, ob ein Kleinkind ein erhöhtes Risiko für ein späteres Asthma bronchiale hat. Das haben Mediziner der Universitätskinderklinik in Dresden herausgefunden. Das Team um Studienleiter PD Dr. Christian Vogelberg, Mitkoordinator der Wissenschaftlichen Arbeitsgruppe Prävention der GPA, hat zudem ein Diagnoseverfahren entwickelt, mit dem der Säuregrad des Atemkondensats gemessen werden kann. Der Vorteil der Methode: „Diese Untersuchungstechnik ist ideal für Kleinkinder. Sammlung und Messung des Atemkondensates erfolgen komplett schmerzfrei und nicht-invasiv“, erklärt Vogelberg.

Gemeinsam für ein Ziel: Deutsches Register für Schweres Asthma

Über die Entstehung und den natürlichen Verlauf von Asthma ist trotz der weiten Verbreitung der Erkrankung bislang wenig bekannt: Das soll sich nun durch das Deutsche Register für Schweres Asthma (German Asthma Net; GAN) ändern. Zu diesem Forschungsnetzwerk haben sich unter der Leitung von Prof. Dr. Roland Buhl (III. Medizinische Klinik, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz) und Prof. Dr. Eckard Hamelmann (Klinik für Kinder- und Jugendmedizin und Sprecher des Allergie-Centrums der Ruhr-Universität Bochum) insgesamt 35 Zentren in Deutschland zusammengeschlossen. „Unser Ziel ist es, neue effektive diagnostische, therapeutische und präventive Ansätze zu finden“, sagt Prof. Hamelmann von der GPA. In den ersten drei Monaten seien bereits fast 100 Patienten in das Register eingeschlossen worden. „Das macht Mut, dass hier ein wirklich repräsentatives Register für diese schwere Erkrankung entstehen wird.“

Keine Angst vor Erdnüssen: Neue Therapie für Allergiker?

Nahrungsmittelallergiker können bald vielleicht angstfrei essen: Einem Forscherteam um Prof. Dr. Kirsten Beyer (Charité Universitätsmedizin Berlin) ist es in einer Pilotstudie gelungen, Kinder mit einer Erdnussallergie weniger empfindlich für Erdnussbestandteile im Essen zu machen. „Die Gefahr, dass diese Kinder einen lebensbedrohlichen allergischen Schock bekommen, wenn sie aus Versehen Spuren von Erdnüssen essen, konnten wir mithilfe der oralen Immuntherapie deutlich mindern“, erklärt die Studienleiterin Dr. Katharina Blümchen. Die orale Immuntherapie (OIT) biete sich eventuell als eine neue Behandlungsmöglichkeit auch für schwere Nahrungsmittelallergien wie der Erdnussallergie an. Das Prinzip der Therapie beruht auf der regelmäßigen, täglichen Einnahme des Allergie auslösenden Stoffes. „Wir haben mit einer sehr geringen Startdosis angefangen und die Menge alle zwei Wochen unter ärztlicher Aufsicht gesteigert“, sagt die Ärztin. An der Studie nahmen 23 Kinder im Alter zwischen drei und 14 Jahren teil. 14 Kinder konnten nach rund acht Monaten ohne Probleme eine ganze Erdnuss (500 Milligramm) essen, drei Kinder sogar zehn Wochen nach Ende der Studie acht Erdnüsse. Dennoch warnt die Ärztin vor übertriebenen Hoffnungen: „Das war eine Pilotstudie unter strenger ärztlicher Aufsicht.“

Schützt vor Heuschnupfen: Zuckermolekül aus dem Stallstaub

Bochumer Forscher haben vor drei Jahren im Stallstaub einen Stoff entdeckt, der Kinder vor Allergien und allergischem Asthma schützt. Mit welchen biochemischen Mechanismen dieses in Futterpflanzen vorkommende Zuckermolekül (Arabinogalaktan) überschießende Abwehrreaktionen des Immunsystems verhindert, wollen sie nun am Immunsystem von Mäusen herausfinden. Ihre Idee: Bestimmte Zellen des Immunsystems haben auf ihrer Oberfläche Rezeptormoleküle, zu denen das Zuckermolekül wie ein Schlüssel in ein Schloss passt. Verbinden sich „Schlüssel“ und „Schloss“, ändern die Zellen ihr Verhalten und die Abwehrreaktion kommt nicht in Gang. „So wird eine frühe Sensibilisierung und damit der Beginn einer allergischen Entzündung möglicherweise verhindert“, vermutet der Leiter der Bochumer Arbeitsgruppe, Prof. Dr. Albrecht Bufe, Vorsitzender der GPA. Möglicherweise lässt sich Arabinogalaktan später zur Vorbeugung oder Therapie von Allergien und allergischem Asthma einsetzen. Denkbar wäre eine Anwendung als Spray oder Nasentropfen, da die Substanz gut wasserlöslich ist.


Kompakter Überblick: Forschungsatlas Pädiatrische Allergologie

Wer forscht in Deutschland im Bereich der pädiatrischen Allergologie? Einen kompakten Überblick über Allergieforschung für Kinder bietet der neue „Forschungsatlas Pädiatrische Allergologie“. „Seit einigen Jahren hat sich in Deutschland eine rege Aktivität auf dem Gebiet der pädiatrischen allergologischen Forschung entwickelt“, sagt PD Dr. Christian Vogelberg von der GPA. Es gebe über 30 Zentren, die in unterschiedlichen Projekten tätig sind. „Um diese Wissenschaftler besser miteinander zu vernetzen und ihre Arbeiten bekannt zu machen, hat die Wissenschaftliche Arbeitsgruppe Forschung der GPA zusammen mit der Sektion Pädiatrie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) diesen Forschungsatlas herausgegeben.“

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